Du blödes Arschloch – ein Aufruf für mehr Respekt und Empathie im Straßenverkehr
Bonner Straße, Köln, ein Dienstagvormittag.
Ein Auto hält mit eingeschaltetem Warnblinker auf dem Fahrrad-Schutzstreifen. Die Fahrerin steigt aus und hastet in die nächste Bäckerei.
Ein genervter Radfahrer weicht auf die Fahrbahn aus, ohne einen Schulterblick zu machen. Ein anderer Autofahrer kann im letzten Moment bremsen.
Ein Fenster wird heruntergelassen, gebrüllte Obszönitäten werden der innerstädtischen Verkehrs-Kakophonie hinzugefügt. “Du blödes Fahrrad-Arschloch, den nächsten von euch fahr ich einfach um!” Das Fenster geht hoch, ein Mittelfinger geht hoch, die Fahrten werden fortgesetzt. Der Autofahrer, von der Begegnung noch immer erregt, übersieht einen Zebrastreifen, ein Fußgänger kann gerade so ausweichen. “Scheiß Wichser”, ruft dieser kopfschüttelnd hinter dem davon rauschenden Wagen hinterher. Vier Menschen (mich eingeschlossen) haben schlechte Laune.
All das hätte vermieden werden können.
Es ist immer die Schuld der anderen
Als Radler schimpft es sich leicht auf rücksichtslose, beim Abbiegen schneidende und „nur-mal-kurz-Brötchen-holende“-Autofahrer und auf diejenigen, für die Sicherheitsabstände nur Empfehlungen sind, genau wie auf ihr Smartphone starrende Fußgänger. Als Autofahrer sind es die nervigen Radler, die sich manchmal organspendewillig und halsbrecherisch in jede kleine Lücke manövrieren und die langsamen Fußgänger, die auf dem Zebrastreifen gefühlt einschlafen. Als Fußgänger sind es die viel zu schnellen Radler, die „mal eben“ über den Bürgersteig ausweichen und die Autos, die auf Fußgängerüberwege zu heizen und dabei bestenfalls noch ihr Handy am Ohr haben.
Es sind immer die Anderen. Klar, den Fehler bei sich selbst zu suchen, würde so etwas wie Selbstreflexion und das Nachdenken über die eigenen Handlungen erfordern, doch dann könnte man ja herausfinden, dass man etwas falsch gemacht hat.
Wir wollen doch alle ankommen
Ein erster Schritt wäre es, dass sich alle an die Verkehrsregeln halten. Das klingt logisch, ist aber für viele Autofahrer (“bei 30 kann man ruhig auch mal 45 fahren”), Radfahrer (“Die rote Ampel gilt doch eh nur für Autos”) und Fußgänger (“Och, ich gehe nur das kurze Stück über den Radweg, da kommt doch sowieso niemand”) alles andere als selbstverständlich. Das gilt natürlich für jede und jeden, der sich in der Öffentlichkeit bewegt, ob motorisiert oder unmotorisiert gleichermaßen. Und selbst wenn wir versuchen Regeln auch wirklich zu befolgen: wie wäre es wenn alle ein wenig zurückstecken? Jeder hat mal einen schlechten Tag, jeder macht mal Fehler. Lasst uns mehr aufeinander achten, uns in die Köpfe der anderen hineinversetzen. Denn eines gilt für alle Teilnehmenden im Straßenverkehr:
Egal wohin wir wollen, ob zur Arbeit, in die Schule, die Uni, zum Einkaufen, um einen alten Freund zu treffen oder um die Oma zu besuchen – jeder der sich auf einen Weg macht, möchte ankommen. Und das im besten Falle unbeschadet.