Durch Bewegung zu mehr Lebensqualität

Pro Jahr bekommen in Deutschland rund 400.000 Menschen eine Endoprothese, also ein künstliches Gelenk. Dabei sind etwa 94% der Implantate Hüft –oder Knieprothesen. Für die aktiven Betroffenen ist es besonders wichtig auch nach der Genesung wieder Sport zu treiben. Denn Sport und Bewegung sind gesund für den Körper. Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig, dass Bewegung unter leichter Belastung wie Wandern, Schwimmen oder besonders das Radfahren hervorragend dazu geeignet sind fit zu bleiben und die Muskulatur zu stärken. Damit trainiert ihr nicht nur die umliegende Muskulatur sondern könnt im besten Fall sogar die Haltbarkeit der Prothese verlängern kann. Wir stellen euch ein paar Tipps und Verhaltensregeln vor, wie ihr es schafft wieder mit dem Drahtesel radeln zu können.

Handicap? Nicht mit mir! – Der härteste Marathon der Welt mit Prothese

Eine Endoprothese oder eine vollständige Prothese heißt keinesfalls, dass ihr eure Sportlerkarriere nun endgültig an den Nagel hängen müsst. Denn immer wieder zeigen uns Menschen, wie sie auch das scheinbar unmögliche erreichen konnten. So auch die beinamputierte Sportlerin und Autorin Sarah Reinertsen. Als erste Frau mit einem vollständigen künstlichen Bein absolvierte sie das wohl härteste Rennen der Welt, den Ironman in Hawaii. Während dem Marathon schwamm Sarah an einem Tag 3,8 km, fuhr 180 km mit dem Fahrrad und legte anschließend noch einen 42 km Marathon hin. Eine unglaubliche Leistung wie wir finden.

Vor dem Start - Angemessene Pause nach der Operation

Heilungsprozesse können natürlich von Mensch zu Mensch recht unterschiedlich verlaufen. Die meisten Ärzte raten ihren Patienten zu einer Sportpause von rund sechs Monaten, wenn die Operation ohne Komplikationen verlaufen ist. Erst dann ist das neue Gelenk richtig verheilt und fest im Knochen und dem umgebenden Gewebe verankert und bereit die Belastung auch von intensiven sportlichen Aktivitäten wegzustecken.

Auf Bewegung muss und sollte während dem Heilungsprozess jedoch niemand verzichten. Nach einer angemessenen Pause hilft leichtes Training in Absprache mit dem Arzt, das neue Gelenk und die Muskeln möglichst früh an die neue Situation zu gewöhnen. Auch die auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten abgestimmte Krankengymnastik enthält Bewegungs –und Trainingsprogramme zur Stärkung der umliegenden Muskulatur. Sobald der behandelnde Arzt grünes Licht gibt, steht dem vollem Raderlebnis nichts mehr im Weg.

Das richtige Fahrrad - Rehafahrräder, Elektroräder oder Heimtrainer sind ideal

Obwohl beim Radfahren bei guter Sitzposition etwa 70-80% des Körpergewichts vom Sattel getragen werden, sollten von Ungeübten grundsätzlich zu schnelle oder riskante Fahrten über unwegsames Gelände vermieden werden. Erschütterung und das Risiko eines fatalen Sturzes sind doch sehr groß und können eure Prothese beschädigen oder euren Heilungsprozess um Monate zurückwerfen.

Ihr seid euch sicher, dass ihr nicht stürzen werdet und das alles gut geht? Dennoch lieber vorsicht walten lassen und eventuell auf ein paar geeignete Protektoren zurückgreifen. Im Falle des Falles werdet ihr diese Entscheidung sicher nicht bereuen!

Möchtet ihr auf Nummer sicher gehen, empfiehlt es sich die ersten Trainingseinheiten zuhause auf einem Heimtrainer zu absolvieren. Damit ist die Gefahr eines Sturzes praktisch ausgeschlossen und ihr könnt jederzeit problemlos aufhören, sobald ihr euch unwohl fühlt oder Schmerzen eintreten sollten. Neben dem Heimtrainer sind auch Rehafahrräder sehr gut geeignet um auch draußen beim Radeln mal wieder die Natur und den Fahrtwind spüren zu können. Diese Räder sind meistens sehr bequem und gut ausgestattet. Da es dabei meistens um Dreiräder handelt ist auch die Gefahr eines Sturzes wesentlich geringer und wahlweise gibt es sie auch als Tandemmodelle. So könnt ihr mit euren Liebsten gemeinsam das Radvergnügen erleben. Für Menschen mit Knie -oder Hüftprothesen, die Schwierigkeiten haben das Bein anzuheben sind Räder mit einem tiefen Einstieg bestens geeignet. Wahlweise gibt es die meisten Modelle auch mit einem Elektromotor, der bei Bedarf einfach zugeschaltet werden kann um die Beine etwas zu entlasten.

Schritt für Schritt-Anleitung für die erste Fahrt mit einer Beinprothese

Die Wiedergewöhnung an das Fahrrad ist mit einer vollständigen Beinprothese erstmal kein einfaches Unterfangen. Deshalb haben wir für euch eine Schritt für Schritt Anleitung, wie ihr es schafft auch diese Hürde zu meistern.

  1. Das Standbein sicher und fest auf den Boden stellen. Das Fahrrad auf der Amputationsseite, seitlich vor dem Prothesenbein halten.
  2. Die Pedale auf der Amputationsseite auf 11:00 Uhr stellen. Vorder- und Hinterrad fest gebremst halten.
  3. Rad mit Mittelstange: Prothesenbein in Streckung bringen, über das Hinterrad schwingen, auf dem Sattel aufsitzen.
  4. Die Hand auf der Seite des Standbeines bleibt auf der Bremse, während die Hand auf der Amputationsseite das Prothesenbein aus der Streckung löst und auf die Pedale in der 11:00 Uhr Position stellt.
  5. Standbein noch fest am Boden stehen lassen und mit beiden Händen wieder an den Lenker fassen. Nun mit dem Standbein anschieben und gleichzeitig mit dem Prothesenbein die Pedale fest nach unten drücken. Sobald das Fahrrad in Schwung kommt, das Standbein auf die Pedale setzen und treten.
  6. Mit beiden Beinen abwechselnd treten, dann wird das Fahrrad rollen und rollen….
  7. Größter Gefahrenpunkt – Absteigen: Geschwindigkeit minimieren. Den Schwerpunkt auf das Standbein verlagern, dann das Standbein sicher und fest auf den Boden bringen. Die Hände bleiben an den Bremsen.
  8. Noch im Sattel sitzen bleiben. Die Hand auf der Seite des Standbeines zieht weiterhin die Bremse, während die Hand auf der Amputationsseite das Prothesenbein in Streckung bringt. Danach auch mit der rechten Hand wieder die Bremse betätigen. Das Prothesenbein über das Hinterrad abschwingen und auf den Boden bringen.

Quelle: https://www.stolperstein.com/leben-mit-beinprothese/sport-mit-prothese/fahrrad-fahren-mit-beinprothese/

Generell gilt:

Einsteiger und Menschen, die Schwierigkeiten haben sich an die neuen Umstände zu gewöhnen, sollten es langsam angehen und keine großen Touren fahren. Dennoch ist regelmäßiges Training wichtig um kontinuierlich Erfolge zu erzielen. Wer sein Leben lang Sport getrieben hat, wird es einfacher haben und auch wieder schneller in Form kommen. Aber Vorsicht: Voraussetzung für das Training ist immer, dass ihr euch dabei wohl fühlt und keine Schmerzen habt. Ihr solltet hier besonders auf euer Körpergefühl hören und es nicht übertreiben. Je kürzer die Operation zurückliegt, desto mehr Vorsicht solltet ihr walten lassen.

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